Veranstaltungen

Dienstag, 21.01.2025 um 19.00 Uhr

Die Malerin und Zeichnerin Else Meidner

Vortrag von Erik Riedel (Jüdisches Museum Frankfurt)

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Else Meidner (1901–1987),
Selbstbildnis, 1951, Kohlezeichnung
© Ludwig Meidner-Archiv

Leben und Werk von Else Meidner sind in Köln bislang eher unbeachtet geblieben. Geboren 1901 in Berlin war sie eine von drei Töchtern des Arztes Dr. Heinrich Meyer und seiner Frau Margarete, geb. Fürst. In ihrem Wunsch Künstlerin zu werden von Käthe Kollwitz und Max Slevogt bestärkt, studierte Else Meidner an der Kunstgewerbeschule und der Kunstakademie in Berlin. Später besuchte sie am Berliner Studienatelier für Malerei und Plastik die Zeichenklasse des berühmten expressionistischen Künstlers Ludwig Meidner, den sie 1927 heiratete. 1929 wurde ihr Sohn David geboren.

In den späten 1920ern und frühen 1930ern gelang ihr mit Ausstellungen und Auszeichnungen ein erster Durchbruch. Die thematischen Schwerpunkte im künstlerischen Schaffen von Else Meidner bilden einerseits Porträts und Selbstporträts und andererseits Landschaften und Stillleben.

1933 wurden die künstlerischen Möglichkeiten von Else Meidner durch den in Deutschland herrschenden Antisemitismus jäh beendet. Die Familie zog 1935 nach Köln, wo Ludwig Meidner an der Jawne Zeichenunterricht gab. Nachdem Anfang 1939 der Sohn David mit einem Kindertransport nach Großbritannien gerettet wurde, gelang im August 1939 auch dem Ehepaar die Flucht. In Großbritannien lebten die Meidners unter kärglichsten materiellen Bedingungen. Nach ihrer Ankunft arbeitete Else Meidner zunächst als Dienstmädchen bei einer älteren Frau im Süden Londons. Auch später lebte die Familie in prekären materiellen Verhältnissen. Die künstlerische Anerkennung blieb weitgehend aus.

Als Ludwig Meidner 1953 nach Deutschland zurückkehrte, blieb Else Meidner in London. Sie hatte inzwischen die britische Staatsangehörigkeit angenommen und weigerte sich, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Der gemeinsame Sohn David war bereits 1951 nach Israel ausgewandert und wurde Mitglied in einem Kibbuz. Ihre letzten Arbeiten schuf Else Meidner Mitte der 1960er Jahre. Danach gab sie ihre künstlerische Tätigkeit auf. Sie starb 1987 in London.

Der gut 1.300 Werke umfassende künstlerische Nachlass von Else Meidner wird im Ludwig Meidner-Archiv des Jüdischen Museum Frankfurt betreut. Aktuell werden im Jüdischen Museum Frankfurt in der Ausstellung »Else Meidner. Melancholia« Arbeiten aus ihrem Werk präsentiert.

Erik Riedel ist Ausstellungsleiter und Kurator für den Bereich Bildende Kunst einschließlich des Ludwig Meidner-Archivs. Er hat seit 1991 zahlreiche Ausstellungen zur Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts kuratiert, etwa zu Moritz Daniel Oppenheim, Ludwig und Else Meidner, Charlotte Salomon oder Arie Goral. In einer Vielzahl von Publikationen und Katalogen veröffentlichte Erik Riedel Beiträge zur Exilkunst, Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und jüdischen Kulturgeschichte. Gegenwärtig läuft im Jüdischen Museum Frankfurt die von ihm kuratierte Ausstellung »Im Angesicht des Todes«. Er ist auch Kurator der aktuellen Ausstellung mit Werken von Else Meidner.


Montag, 27.01.2025 um 12.30 Uhr

Gedenkstunde am Löwenbrunnen

80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Am 27. Januar 2025 findet anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus die Gedenkstunde am Löwenbrunnen statt. Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region, das Katholische Stadtdekanat und die Synagogen-Gemeinde Köln laden mit dem Lern- und Gedenkort Jawne dazu ein. 

Der Löwenbrunnen auf dem Erich-Klibansky-Platz erinnert an die über 1.100 deportierten und ermordeten jüdischen Kinder und Jugendlichen aus Köln. Auf dem Brunnenrand finden sich die Namen dieser Kinder und Jugendlichen und ebenso das Gebot aus der Tora „Liebe deinen Nächsten, er ist wie du.“ (3. Mose/Wajikra 19,18 in der Übersetzung Buber/Rosenzweig).

Beide Perspektiven sind für die Gedenkstunde wichtig: das Erinnern an die Ermordeten und die nationalsozialistische Verfolgung und die Frage nach dem Zusammenleben in Frieden und gegenseitiger Achtung heute. Davon sind wir angesichts des aktuellen Antisemitismus leider weit entfernt. Umso wichtiger, dass wir gemeinsam das Gedenken am Löwenbrunnen gestalten. Neben Vertreter:innen der Kirchen, der Synagogen-Gemeinde und der Stadt Köln, werden auch Schülerinnen und Schüler ihre Gedanken und Perspektiven einbringen.

Wir freuen uns über alle, die durch die Teilnahme an der Gedenkstunde ein Zeichen des Erinnerns sowie gegen Antisemitismus und für ein friedliches, tolerantes Zusammenleben setzen.


Veranstaltungen (Archiv)

Sonntag, 24.04.2016 um 17.00 Uhr

Reisebericht

mit Peter Finkelgruen und David Seehaus-Finkelgruen

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Peter Finkelgruen und sein Enkel David Seehaus-Finkelgruen erzählen von ihrer Reise nach Shanghai, dem Geburtsort von Peter Finkelgruen

Eine Veranstaltung in der Reihe »Rückkehr nach Deutschland«. Diese Reihe versucht die Geschichte von Juden zu ergründen, die nach 1946 zurück nach Deutschland kamen.

Veranstalter: Jüdischer Nationalfonds in Kooperation mit dem Lern- und Gedenkort Jawne.

Sonntag, 10.04.2016 um 16.00 Uhr

»Das werde ich nie vergessen…«

Tamar und Harry Dreifuss sprechen über Erinnerung und Zeitzeugenschaft

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Tamar und Harry Dreifuss

Tamar und Harry Dreifuss sind Zeitzeugen und Überlebende des Holocaust. Zwischen 1935 und 1948 kamen beide auf unterschiedlichen Wegen nach Israel und zogen später gemeinsam nach Deutschland.

In einem moderierten Gespräch werden Tamar und Harry Dreifuss über ihre Leben zwischen Europa und Israel sprechen. Harry Dreifuss wird zudem einen Kurzfilm zeigen, den er 1962 über seine Remigration nach Deutschland gemacht hat.

Moderation: Philine Lissner und Viola Steiner-Lechner, Universität Düsseldorf

Teil der Veranstaltung ist eine Ausstellung mit Fotos aus dem Privatarchiv von Tamar und Harry Dreifuss und Zeichnungen verschiedener Künstlerinnen und Künstler.

Donnerstag, 24.03.2016 um 19.00 Uhr

Video-Interview mit Karla Yaron (Jerusalem)

Filmveranstaltung

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Karla Yaron, Jerusalem, 2007
(Foto: Jörn Neumann)

Karla Yaron (geb. Rath) kam am 08. Juli 1925 als Kind einer jüdisch-liberalen Familie in Düsseldorf zur Welt. Nach der Pogromnacht 1938 verließ Karla ihre Schule in Düsseldorf und wechselte an das jüdische Gymnasium Jawne in Köln. Durch die Initiative ihres Schuldirektors Erich Klibansky konnte sie im Sommer des Jahres 1939 mit einem der sogenannten Kindertransporte Deutschland verlassen und so der Deportation und Ermordung durch die Nazis entkommen.

Die Kriegsjahre und die nachfolgende Zeit verbrachte Karla in England. Dort fand sie Kontakt zur religiös-zionistischen Jugendbewegung Bachad und nahm an einem Vorbereitungsprogramm (Hachschara) für ein landwirtschaftliches und kollektives Leben in Palästina bzw. Israel teil. In diesem Zusammenhang lernte sie auch ihren späteren Mann Zvi kennen, mit dem sie 1950 nach Israel ging. Dort lebte und arbeitete sie einige Jahre im Kibbuz Lavi, später in Jerusalem und wurde Mutter von zwei Kindern. Karlas Mutter, Paula Bernhard-Rath, wurde im November 1941 von Düsseldorf nach Minsk deportiert und dort ermordet.

Die Umstände ihrer Rettung, der Kindertransport und die Zeit in England haben Karlas Leben entscheidend geprägt. Die Erinnerung an ihre Rettung durch Erich Klibansky war ihr immer ein wichtiges Anliegen und auch mit ihren Freundinnen aus der Zeit der Kindertransporte pflegt sie bis heute einen wöchentlichen und intensiven Kontakt.

Im Interview berichtet sie jedoch nicht nur über ihre Familie, Kindheit, Schulzeit und die Rettung nach England, sondern auch über ihren Alltag in einem Jerusalemer Altersheim in dem sie sehr gerne zuhause ist, über ihr soziales Engagement bzw. ihren Wunsch, »etwas an das Leben zurückzugeben«, ihr selbstverständliches Verhältnis zur jüdischen Religion und die Wichtigkeit der Weitergabe von Erinnerung und Geschichte an Kinder, Enkel und zukünftige Generationen.

Die Projektion dauert etwa 75 Minuten und wird kommentiert von Wolfgang Richter.

Die Veranstaltung ist Teil des Rahmenprogramms zur Sonderausstellung »Nie wieder Rosenmontag« die noch bis zum 30. März 2016 im Lern- und Gedenkort Jawne zu sehen ist.

Mittwoch, 27.01.2016 um 12.30 Uhr

Gedenkstunde für die deportierten und ermordeten jüdischen Kinder und Jugendlichen aus Köln

Ort: Kindergedenkstätte Löwenbrunnen, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Am Mittwoch, 27. Januar 2016, dem Holocaustgedenktag, findet auch in diesem Jahr am Löwenbrunnen eine Gedenkstunde für die deportierten und ermordeten jüdischen Kinder und Jugendlichen aus Köln statt. Dazu laden die Synagogen-Gemeinde Köln, das Katholische Stadtdekanat und der Evangelische Kirchenverband Köln und Region gemeinsam mit dem Arbeitskreis Lern- und Gedenkort Jawne ein.

Der Löwenbrunnen, der am Ort des ehemaligen jüdischen Gymnasiums Jawne steht, trägt die Namen von über 1100 deportierten und ermordeten jüdischen Kindern und Jugendlichen aus Köln und ist ein wichtiger Ort des Erinnerns. Besonders wichtig ist die Einbeziehung von SchülerInnen in die Erinnerungsarbeit, daher wird die Gedenkstunde von SiebtklässlerInnen der Gesamtschule Mechernich und der Realschule Hackenbroich mitgestaltet. Auch Grundschülerinnen und -schüler der Olympis-Grundschule in Köln bringen sich mit einem Beitrag ein.

Update: Der WDR hat in seiner »Lokalzeit Köln« einen kurzen Beitrag zur Gedenkstunde gesendet.

Samstag, 23.01.2016 um 17.00 Uhr

Video-Interview mit Margot Plesser (Jerusalem)

Filmveranstaltung

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Margot Plesser wurde am 13.11.1927 als Tochter der Familie Dünner in Köln geboren. Ihr Vater Lasar Dünner war einer der letzten Rabbiner der Synagoge an der Glockengasse. Während ihrer ersten vier Schuljahre besuchte Margot die Moriah, der Grundschule der orthodoxen Gemeinde Adass Jeschurun in der St.-Apern-Straße.

Nachdem die Lebensumstände für die jüdische Bevölkerung immer schwieriger wurden, beschlossen ihre Eltern, sie zu Verwandten nach Amsterdam zu schicken. Nach den Sommerferien des Jahres 1938 kehrte sie von dort nicht mehr nach Deutschland zurück. Nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen geriet auch die Familie Dünner in die Verfolgungsmaschinerie der Nazis. Margots Eltern und Geschwister wurden deportiert und in verschiedene der nationalsozialistischen Lager verschleppt. Margot jedoch konnte durch unglaubliches Glück im buchstäblich letzten Augenblick entkommen und wurde bis zum Ende des Krieges von niederländischen Familien versteckt.

Im Interview berichtet Margot detailreich und persönlich von den Umständen der Verfolgung in Amsterdam, ihrer unglaublichen Flucht vor SS-Hauptsturmführer Ferdinand Aus der Fünten und seinen Schergen, aber auch von der Solidarität und Wärme, die sie erfuhr und die ihr das Leben gerettet hat.

Margot berichtet auch über die Umstände des in der Öffentlichkeit wenig bekannten »TRANSPORT 222«, eine der sehr seltenen »Menschenhandelsaktionen«, bei denen jüdische Häftlinge, darunter auch Teile ihrer Familie, gegen sogenannte »Auslandsdeutsche« ausgetauscht wurden und so den Weg in die Freiheit fanden.

Schließlich in Israel geriet Margot durch ihre eigene, aber auch die berufliche Tätigkeit ihres Mannes wieder in die deutsche Stadt ihrer Kindheit. Dies tat sie nicht gerne und auch nicht lange. Die Berichte über die von ihr erlebte Kölner Nachkriegsatmosphäre und die Tätigkeiten ihres Mannes in der damals in Köln ansässigen »Israel-Mission« (Handelsmission zur Abwicklung von Entschädigungsabkommen) sind aber ebenso spannend, lehrreich und interessant wie die übrigen Teile dieses sehr plastischen Zeugnisses.

Margot Plesser lebt heute in Jerusalem.

Die Projektion dauert etwa 100 Minuten, einschließlich einer kurzen Pause, und wird kommentiert von Wolfgang Richter.

Die Veranstaltung ist Teil des Rahmenprogramms zur Sonderausstellung »Nie wieder Rosenmontag« die noch bis zum 30. März 2016 im Lern- und Gedenkort Jawne zu sehen ist.

Mittwoch, 23.12.2015 um 17.00 Uhr

Video-Interview mit Shmuel Hatsor (Kibbuz Kfar HaNassi)

Filmveranstaltung

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Shmuel Hatsor (1924 geboren als Samuel Königshöfer) lebte mit seiner Mutter und seinen vier Geschwistern in der Kölner Innenstadt und besuchte die Schulen der orthodoxen Gemeinde »Adass Jeschurun« in der St.-Apern-Straße, bis sein Schuldirektor Erich Klibansky ihm 1939 mit einem Kindertransport die Ausreise nach England ermöglichte. Sein früher Kontakt zur zionistischen Jugendbewegung »Habonim« prägte sein gesamtes späteres Leben auf entscheidende Art. Nachdem er sich aktiv an der Organisation der illegalen Einreise in das britische Mandatsgebiet Palästina beteiligte, wurde 1947 sein Traum von einem kollektiven Leben in Israel auch für ihn Wirklichkeit.

Shmuel ist Mitbegründer des Kibbuz Kfar HaNassi im Norden Israels, dem er bis heute treu geblieben ist. Die Geschichten aus den Gründungstagen des Kibbuz bieten konkrete Einblicke in die hoffnungsvolle Zeit eines persönlichen Neuanfangs und den Aufbau einer neuen Gesellschaft in einem neuen Land.

Die »Rückseite« seiner persönlichen Erfolgsgeschichte als Habonim-Aktivist und Kibbuznik verschweigt Shmuel jedoch nicht. Die Beschäftigung mit der Ermordung seiner Eltern in Auschwitz war lange verdrängt und bleibt schmerzhaft, seine Haltung zu Deutschland ist äußerst distanziert und auch sein Blick auf das Israel heutiger Tage ist wenig hoffnungsvoll…

Die Projektion (Englisch mit deutschen Untertiteln) dauert etwa 80 Minuten und wird kommentiert von Wolfgang Richter

Die Veranstaltung ist Teil des Rahmenprogramms zur Sonderausstellung »Nie wieder Rosenmontag« die noch bis zum 30. März 2016 im Lern- und Gedenkort Jawne zu sehen ist.

Samstag, 24.10.2015 um 21.00 Uhr

Kölner Museumsnacht 2015

Lesung, Konzert und Film

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Am 24. Oktober 2015 beteiligt sich der Lern- und Gedenkort Jawne wieder an der Kölner Museumsnacht, auch in diesem Jahr mit einem spannenden Programm um 21, 22 und 23 Uhr. Wir laden herzlich ein!

Programm

21 Uhr
Kommentierte Lesung aus den Tagebüchern der Jawne-Schülerin Hanna Maass
„Wir landeten noch in Cypern und darauf – hurra – in Erez Jisrael …“

Als die Jawne-Schülerin Hanna Maass im Juni 1933 begann, Tagebuch zu führen, war sie 13 Jahre alt und wohnte mit ihrer Familie am Ubierring 51 in Köln. Ihre liebevollen und detaillierten Aufzeichnungen gewähren einen sehr persönlichen Blick in den Schul- und Familienalltag, aber auch auf die antisemitische Diskriminierung und die Atmosphäre jüdischer Auswanderung im Köln der frühen 1930er Jahre.Gelesen von Bita Berentzen, kommentiert von Wolfgang Richter.

Asasello Quartett (Foto: Hermann und Clärchen Baus)

22 Uhr
Konzert: ASASELLO-Quartett

Die aus Russland, der Schweiz, Polen und Finnland stammenden MusikerInnen des Kölner Asasello-Quartetts haben sich in den vergangenen Jahren durch ihre packende Unmittelbarkeit sowie den selbstverständlichen Umgang mit der Musik der Gegenwart als auch des klassisch-romantischen Repertoires einen hervorragenden Ruf erspielt.
Im Lern- und Gedenkort Jawne präsentiert das Quartett das äußerst selten aufgeführte Streichquartett Nr. 1 von Arthur Lourié aus dem Jahre 1915. Mit diesem gelang ihm damals ein ganz großer Wurf: Es findet ein spannendes und gestenreiches Gespräch zwischen der französischen Moderne (Ravel/Debussy) und dem jungen russischen Futurismus statt.
Arthur Lourié (Naum Israilewitsch Lurja, 1892-1966) wurde als Sohn einer jüdischen Familie in Propoisk geboren. Nach der Revolution von 1917 wirkte Lourié als erster Chef der Musikabteilung des Volkskommissariats für Aufklärung. Weil seine Sympathien dem linken Flügel der Revolution gehörten, geriet er ins Visier der neuen Machthaber und musste Russland im Sommer 1922 verlassen. Danach lebte er in Berlin und Paris. Von dort floh er 1941 vor den Nationalsozialisten in die USA.

Der ehemalige Jawne-Schüler Manfred Simon floh 1939 mit seinen Eltern nach New York (Bild: Max Geilke)

23 Uhr
Filmisches Interview mit Manfred Simon (New York City)
Oh My God. They Have Black Snow in the United States!

Fünfundsiebzig Jahre nach seiner Flucht aus Nazi-Deutschland kehrt Manfred Simon, Sohn einer Kölner Metzger-Familie, im Juni 2014 an den Ort der jüdischen Schule zurück, die er als Kind besuchte. Seine in die Kamera gesprochenen Erinnerungen an eine Kindheit auf der Weidengasse und die Umstände der Flucht in die USA, aber auch seine Gedanken, wenn er den ehemaligen Schulhof heute betritt, sprechen eine bewegende und klare Sprache.

Dienstag, 07.07.2015 um 18.30 Uhr

Gespräch mit dem ukrainischen Historiker und Zeitzeugen Boris Zabarko

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Boris Zabarko wird unter anderem darüber sprechen, wie der Holocaust in der Sowjetunion ignoriert und das Gedenken an Babi Jar unterdrückt wurde, welche leeren Versprechungen seit der Unabhängigkeit der Ukraine gemacht worden sind und was er über die Glorifizierung von Bandera denkt.

Dr. Boris Zabarko, geb. 1935, lebt in Kiew. Er ist Überlebender des Ghettos Schargorod. Nach dem Krieg studierte er an der Universität von Czernowitz Geschichte. Seit 2004 ist er Präsident der ukrainischen Vereinigung jüdischer ehemaliger Häftlinge der Ghettos und nationalsozialistischen Konzentrationslager. Er sammelt und veröffentlicht die Berichte der Ghetto-Überlebenden der Ukraine. 2004 erschien in Deutschland der Erinnerungsband „Nur wir haben überlebt“ Im Oktober 2009 wurde er für seine Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Dienstag, 19.05.2015 um 18.30 Uhr

Ludwig Meidner. Der heißeste Krater einer vulkanischen Epoche

Vortrag

Ort: Lern- und Gedenkort Jawne, Albertusstr. 26 / Erich-Klibansky-Platz, Köln

Vortrag von Erik Riedel (Frankfurt am Main) anlässlich der Wiedereröffnung der Ausstellung „HORCHER IN DIE ZEIT – Ludwig Meidner, Expressionist, Zeichenlehrer an der Jawne“

Ludwig Meidner, Apokalyptische Stadt, 1913 (Bild: Westfälisches Landesmuseum Münster)

Der Maler, Zeichner und Dichter Ludwig Meidner ist vor allem wegen seiner „Apokalyptischen Landschaften“ bekannt. Diese gemalten Katastrophenszenarien und Weltuntergangsvisionen, die bereits ab 1912 entstanden, wurden (nicht nur von Meidner selbst) als Vorahnungen des Ersten Weltkriegs interpretiert. Als expressionistischer Zeichner und Grafiker porträtierte er zahlreiche Dichter und Intellektuelle der Berliner Kulturszene und schuf Illustrationen für Bücher und Zeitschriften.

Nach dem Ersten Weltkrieg wandte er sich der jüdischen Religion zu und proklamierte seinen „Gang in die Stille“ – so der Titel seines 1929 erschienen Bandes mit autobiographischer Kurzprosa. Durch die Nationalsozialisten wurde er als „entartet“ verfemt und nahm, um dem steigenden antisemitischen Druck in Berlin zu entgehen, eine Stelle als Zeichenlehrer am jüdischen Reformrealgymnasium Jawne in Köln an. Buchstäblich in letzter Sekunde, im August 1939, emigrierte Meidner nach England. Nach der Rückkehr aus dem Exil war Meidner beinahe vergessen, und es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis sein Werk wieder angemessen gewürdigt wurde.

Der Vortrag stellt Leben und Werk dieses faszinierenden Künstlers vor, den der Kunstkritiker Willi Wolfradt treffend als den „heißesten Krater der vulkanischen Epoche“ des Expressionismus charakterisierte.

Erik Riedel ist Kunsthistoriker und Kurator des Ludwig Meidner-Archivs am Jüdischen Museum Frankfurt, das den künstlerischen Nachlass Meidners betreut.